Was ist ein High Performance Team – wie ist die Definition?
Ein Hochleistungsteam ist der Traum vieler Organisationen und Führungskräfte. Aber was genau ist das überhaupt?
Schauen wir uns zunächst meine Definition eines High Performing Teams an:
<div class="definition">Ein High Performance Team (auch: High Performing Team oder Hochleistungsteam) ist ein Team, das die an sich gestellten Erwartungen von Organisation und Kunden regelmäßig erfüllt oder sogar übertrifft. <br/><br/>
Durch seine sichere und vertrauensvolle Atmosphäre ist ein High Performance Team dazu in der Lage, hochgesteckte Ziele zu definieren und zu erreichen, zu kommunizieren und Entscheidungen in angemessener Tragweite zu treffen. Außerdem zeichnet sich ein HPT durch eine gute Teamarbeit sowie einen wertstiftenden und effizienten Umgang mit Konflikten und Problemen aus.<span>Definition High Performance Team</span></div>
Das klingt super, oder? Die schlechte Nachricht: Es ist leider nicht so einfach, ein Hochleistungsteam zu entwickeln, das konsequent die Erwartungen aller Beteiligten übertrifft. Dafür müssen nämlich einige Voraussetzungen erfüllt sein – in deinem Team und in deiner Organisation.
Was genau diese Voraussetzungen sind, wie du ein High Performing Team entwickeln kannst und welche Merkmale ein solches Team für mich ausmacht, beschreibe ich dir im weiteren Verlauf meines Artikels.
Schauen wir uns aber zunächst an, worauf du bei der Zusammenstellung deines High Performance Teams achten solltest.
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Hochleistungsteam: Mehr als eine Gruppe von Experten
Lass mich kurz erklären, was ich mit der Überschrift meine. Der Erfolg eines Hochleistungsteams misst sich am Teamergebnis. Sprich, an dem, was deine Teammitglieder gemeinsam schaffen – und nicht an der individuellen Leistung der einzelnen Teammitglieder. Es ist deshalb nicht so wichtig, ob deine Teammitglieder die besten Experten auf ihrem Gebiet sind oder zu den Top 5 Mitarbeitenden deiner Organisation gehören. Es ist viel wichtiger, dass sie gut zusammenarbeiten – sprich, eine gute Teamarbeit leben.
Diesen Aspekt hat Google durch seine Studie unter dem Projektnamen "Aristoteles" bestätigt, weil Google unter anderem herausgefunden hat, dass die Effektivität eines Teams von der Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen den Teammitgliedern abhängt und nicht von den einzelnen Teammitgliedern selbst oder ihren Fähigkeiten.
Vielleicht ist dieser Aspekt für dich nicht neu. Schließlich begegnet uns eine solche Situation häufiger – beispielsweise im Sport. Auch hier setzen sich die vermeintlichen "Underdogs" immer wieder gegen individuell stärkere Favoriten-Teams durch, weil sie besser als Team zusammenspielen und agieren. Auch in Organisationen sind mir Teams begegnet, die aus Teammitgliedern mit individuell durchschnittlichen Arbeitsergebnissen bestanden. Gemeinsam haben sie dann Teams mit den vermeintlichen Experten und "High Performern" in den Schatten gestellt.
Fokussiere dich auf die Zusammenarbeit
Das haben sie geschafft, weil sie eine große Stärke haben: die gute Zusammenarbeit im Team. Eine Konsequenz aus dieser Beobachtung ist, dass die individuelle Leistung eines Teammitglieds keine Aussage darüber erlaubt, welche Leistung diese Person in einem (anderen) Team abrufen kann. Ein Team ist nun mal weitaus mehr als nur eine Gruppe von Experten. Dies musst du bei der Zusammenstellung eines High Performance Teams immer bedenken.
Deshalb hilft es auch nicht weiter, wenn du die vermeintlichen "High Performer" deiner Organisation in ein Team sperrst und auf Höchstleistung hoffst.
Tipp: Fokussiere dich stattdessen auf die Arbeit an der Teambildung. Indem du dein Team kontinuierlich weiterentwickelst, kannst du die gemeinsame Zusammenarbeit deiner Teammitglieder stärken. Ich bin mir sicher, dass sie hierdurch einen großen Schritt in Richtung High Performing Team machen werden.
Welche Merkmale machen ein High Performance Team aus?
Woran erkenne ich High Performance Teams? An welchen Verhaltensweisen oder Merkmalen mache ich das fest? Meine Merkmale eines High Performance Teams sind:
- 1. Sie sind ein "richtiges" Team
- 2. Hohes Maß an Vertrauen und psychologischer Sicherheit
- 3. Enge Zusammenarbeit mit Kunden
- 4. Messung und Transparenz über den Fortschritt
- 5. Kontinuierliche Verbesserung auch außerhalb der Retrospektive
Schauen wir uns an, was ich damit im Detail meine.
1. Sie sind ein "richtiges" Team
Ob es sich um ein "richtiges" Team oder eine Gruppe von Menschen handelt, erkenne ich an mehreren Merkmalen:
- Ideale Teamgröße von fünf bis neun Personen
- Gemeinsames Ziel, das alle Teammitglieder für erreichbar und erstrebenswert halten
- Wenig Abhängigkeiten: Alle notwendige Fähigkeiten sind vorhanden
- Angemessene Entscheidungskompetenz
- Regelmäßige Reflexion der Zusammenarbeit
- Gemeinsam gelebte Team Werte, Teamregeln oder Prinzipien
Diese Merkmale sind wichtiger Bestandteil meiner Team Definition. Wenn du mehr über meine Definition oder die einzelnen Merkmale erfahren möchtest, empfehle ich dir, den von mir verlinkten Artikel zu lesen. Dort findest du auch Hinweise und Tipps dafür, wie du die Team Definition konkret in deinem Team anwenden und was du aus ihr für deine weitere Teamentwicklung ableiten kannst.
2. Hohes Maß an Vertrauen und psychologischer Sicherheit
Deine Teammitglieder müssen sich sicher genug fühlen, um ihre Meinung zu äußern, sich verletzlich zu zeigen oder auch, um Experimente zu wagen, die schief gehen könnten. Diese sichere Atmosphäre wird als psychologische Sicherheit bezeichnet. Sie ist die Voraussetzung dafür, damit sich dein Team überhaupt kontinuierlich wie nachhaltig verbessern kann.
Das Schwierige: Psychologische Sicherheit ist ein subjektives und kontextabhängiges Gefühl – sie basiert auf gemachten Erfahrungen: In der Kindheit, im Berufsleben, anderen Organisationen und Teams. Deshalb fühlt ein Teammitglied in verschiedenen Situationen einen unterschiedlichen Grad an Sicherheit. Fühlt sich ein Teammitglied in einer Situation sicher genug, kann sich ein anderes dennoch unsicher fühlen. Es gibt somit kein Teamgefühl der psychologischen Sicherheit.
Die Teammitglieder eines High Performing Teams müssen sich in einer Vielzahl von Situationen sicher genug fühlen. Nur so können sie die besten Entscheidungen treffen und sich gemeinsam verbessern. Sie müssen Risiken bei der Zielerreichung umschiffen und sich gegenseitig Feedback geben können, um kurzfristig einen anderen Lösungsweg einzuschlagen. An diesen beispielhaften Situationen erkenne ich das Sicherheitsgefühl der Teammitglieder und, ob sie ein Hochleistungsteam sind – oder nicht.
Tipp: In meinem verlinkten Artikel habe ich dir beschrieben, woran du psychologische Sicherheit bei deinen Teammitgliedern erkennen kannst. Außerdem habe ich dir beschrieben, was du dafür tun kannst, um sie zu fördern oder um sie vor Verletzungen zu schützen. Lies dir den Artikel in Ruhe durch – es lohnt sich!
3. Enge Zusammenarbeit mit Kunden & Nutzern
Ein Hochleistungsteam benötigt engen Kontakt und eine gute Zusammenarbeit mit jenen, die die produzierten Arbeitsergebnisse später nutzen werden – also mit seinen Kunden oder Nutzern. Nur, wenn diese regelmäßig auf den Arbeitsfortschritt schauen und ihr Feedback in Schulterblicken, Vorführungen oder Feedbackschleifen geben können, können Arbeitsergebnisse entstehen, die ihren Bedürfnissen und Erwartungen gerecht werden.
Ein agiles Team oder ein Scrum Team nutzt häufig ein sogenanntes "Review" - Meeting, um Feedback einzusammeln und seine Arbeit zunehmend an seinen Zielgruppen auszurichten.
Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, Kunden und Nutzer direkt an der Umsetzung zu beteiligen. Zu meinen Scrum Master Aufgaben gehörte deshalb, dass ich diese mit dem Team mithilfe kurzer Schulterblicke und Gespräche zusammengebracht habe. Die Zeit, die die Teammitglieder hierfür aufgewendet haben, war vergleichsweise günstig im Vergleich dazu, wenn mein Team wochenlang Dinge umgesetzt hätte, die niemand hätte gebrauchen können. Das erkannten auch die Teammitglieder, die ihre Umsetzung deshalb zunehmend an ihren Kunden, Nutzern und ihren jeweiligen Bedürfnissen ausrichteten.
Tipp: Überlege gemeinsam mit deinem Team, wer überhaupt Nutzer oder Kunde ist. Ich habe schon Teams getroffen, die Jahre damit beschäftigt waren, Dinge umzusetzen, aber keine Ahnung hatten, wer eigentlich der- oder diejenige ist, die die geschaffenen Arbeitsergebnisse später nutzen wird. Wie soll ein Team so zu einem High Performance Team werden, das werthaltige Arbeitsergebnisse liefert und seine Arbeit an der Zielgruppe ausrichtet?
Sobald deine Teammitglieder wissen, wer ihr Nutzer oder Kunde ist, können sie sich anschließend überlegen, wie eine enge Zusammenarbeit aussehen könnte. Soziale Netzwerke, Foren oder der firmeneigene Newsletter sind zum Beispiel hervorragende Möglichkeiten, um diese anzusprechen.
All das funktioniert übrigens auch außerhalb der Softwareentwicklung. Auch Teams im Marketing, der Sachbearbeitung oder einer Arzt-Praxis können und sollten ihre Arbeit an Zielgruppen, Versicherungsnehmern oder Patienten ausrichten und ihr Feedback berücksichtigen.
4. Messungen & Transparenz über den Fortschritt
Woran merkt ein Hochleistungsteam, dass es Fortschritte macht? Wie misst es, ob Veränderungen, die gemeinsam in der Retrospektive erarbeitet wurden, sich wirklich auf die Teamarbeit ausgewirkt haben? Wie können Stakeholder auf diese Werte zugreifen oder sehen, welche Fortschritte ihr High Performing Team macht? Oder, ob das Arbeitsergebnis den erwarteten Mehrwert für Kunden und Nutzer liefert?
Ein High Performing Team sollte meiner Ansicht nach Antworten auf diese Fragen haben. Beispielsweise mithilfe entsprechender Metriken, die es regelmäßig überprüft und transparent innerhalb der Organisation zur Verfügung stellt. Dafür eignen sich Durchlaufzeiten von Anforderungen oder andere teamindividuelle Messungen.
Tipp: Arbeite gemeinsam mit deinen Teammitgliedern an Messungen, die sie in ihrer Arbeit unterstützen. Tausche dich hierzu mit Menschen aus, die als Agile Coach tätig sind, um von ihren Erfahrungen zu profitieren.
Dabei solltest du jedoch unbedingt darauf achten, dass die Messungen deinem Team auch wirklich weiterhelfen – nicht, dass Führungskräfte sie als Steuerungs- oder Kontrollinstrument missbrauchen. Manchmal ist es zielführender, wenig hilfreiche Messungen einfach zu entsorgen und teamintern nach anderen Möglichkeiten zu suchen, die helfen, einen Fortschritt zu erkennen.
5. Kontinuierliche Verbesserung auch außerhalb der Retrospektive
In meiner Team Definition nimmt die regelmäßige Reflexion im Team eine wichtige Rolle ein, auch um Teamprobleme zu erkennen und zu bearbeiten. Vermutlich wirst du dabei direkt an die Retrospektive denken, in der deine Teammitglieder verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der gemeinsamen Zusammenarbeit erarbeiten.
In einem High Performance Team nutzen deine Teammitglieder nicht nur die Retrospektive, um sich kontinuierlich zu verbessern. Wenn immer es ein Problem gibt oder es notwendig ist, die Vorgehensweise anzupassen, thematisieren deine Teammitglieder dies zeitnah. Beispielsweise im Anschluss an die Teamsitzung oder das Daily-Standup. Sie haben verinnerlicht, dass es nicht zielführend ist, bis zur nächsten Retrospektive zu warten, um sich zu verbessern. Schließlich macht es keinen Sinn, weiterhin Fehler zu machen, wenn das Team jetzt schon weiß, wie es besser geht, oder?
Tipp: Ermutige deine Teammitglieder in Einzelgesprächen dazu, derartige Themen im Anschluss an die Teamtermine zu platzieren und variiere anschließend bei der Durchführung deiner Retrospektive – beispielsweise in der Länge des Termins. Wenn Teammitglieder Fehler oder Probleme außerhalb einer Retrospektive angesprochen haben, habe ich die Retrospektive deshalb oftmals verkürzt oder ab einem gewissen Entwicklungsstand sogar ganz abgesagt.
Höchstleistung braucht Unterstützung der Organisation
Das sind die Verhaltensweisen und Merkmale, an denen ich ein Hochleistungsteam erkenne. Du siehst: Das ist nicht wenig und schon gar nicht einfach. Ein Team zu einem Hochleistungsteam zu entwickeln, braucht deshalb viel Zeit und Geduld.
Viele Artikel, die du zu diesem Thema im Internet oder in der Literatur findest, hören an diesem Punkt auf. Ihrer Ansicht nach liegt es allein am Team und den Teammitgliedern, ein High Performing Team zu werden. Nur sie allein hätten es in der Hand.
Ich finde: Damit übersehen und vernachlässigen die Autoren den wichtigsten Aspekt. Meiner Überzeugung und Erfahrung nach kann sich ein Team nämlich nur dann sukzessive zu einem High Performing Team entwickeln, wenn Führungskräfte die hierfür notwendigen Voraussetzungen in der Organisation geschaffen haben.
Wie diese Voraussetzungen konkret aussehen, dem gehen wir im nächsten Absatz nach.
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6 Voraussetzungen für ein High Performing Team
Bisher haben wir in diesem Artikel hauptsächlich auf dein Team geschaut. Wir haben uns somit insbesondere mit dem beschäftigt, was deine Teammitglieder und dein Team tun müssen, um ein High Performing Team zu werden oder sich zu einem zu entwickeln.
Damit das passieren kann, müssen jedoch in deiner Organisation einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- 1. Beteiligte Führungskräfte leben High Performance Kultur vor
- 2. Rückendeckung und Unterstützung der Führungskräfte
- 3. Delegation von Entscheidungen an die Teams
- 4. Direkter Zugang zum Kunden
- 5. Wirksame teamübergreifende Zusammenarbeit
- 6. Einbindung in wichtige Entscheidungen
Diese schauen wir uns nun genauer an.
1. Beteiligte Führungskräfte leben High Performance Kultur vor
Was meine ich damit? Damit meine ich, dass beteiligte Führungskräfte sich so verhalten, wie sie es von den Teammitgliedern ihrer Teams erwarten. Dazu gehört, dass sie Werte ihrer Organisation und möglicherweise eingesetzte agile Methoden ausprobieren, anwenden und vorleben. Oder auch, dass sie transparent über Fortschritt, getroffene Entscheidungen oder Erfolge berichten und sich kontinuierlich mithilfe von Retrospektiven verbessern.
Passiert das nicht, führt das Verhalten der Führungskräfte erfahrungsgemäß zu immer wiederkehrenden Diskussionen innerhalb eines Teams. Im schlimmsten Fall kann eine "Wenn die das nicht machen, warum sollten wir das dann tun?" – Haltung im Team oder ein Widerstand gegen die eingesetzten Methoden entstehen, womit die Weiterentwicklung des Teams deutlich schwieriger wird.
2. Rückendeckung und Unterstützung der Führungskräfte
Es ist nicht nur wichtig, dass Führungskräfte vorangehen und ihre Erwartungen an deine Teammitglieder vorleben. Auch ihre Rückendeckung und Unterstützung ist von großer Bedeutung. Was ich meine ich damit konkret?
Zum einen meine ich damit, dass ein High Performing Team zunächst Raum und insbesondere Zeit benötigt, um sich entwickeln zu können. Beispielsweise, weil es sich erst einmal finden und die Zusammenarbeit gestalten wie auch organisieren muss. Allein das kann – je nach Ausgangslage – Monate in Anspruch nehmen. Aber auch eine regelmäßige Reflexion über die gemeinsame Zusammenarbeit und der möglicherweise notwendige Besuch von Trainings und Weiterbildungen braucht Zeit.
Druck von Außen, feste Meilensteine, vorgefertigte Projektpläne oder fixe Abgabetermine sind bei all dem wenig hilfreich und riskieren eher, dass dein Team Abstriche an der Qualität der Arbeitsergebnisse und an der gemeinsamen Zusammenarbeit machen wird. Beispielsweise, indem es sich entscheidet, auf die regelmäßige Reflexion zu verzichten, um Zeit zu sparen. Eine Entscheidung, die langfristig zu schweren Folgen für Teamarbeit und Teamerfolg führen wird. Deshalb braucht ein Team Raum und Zeit um sich zu entwickeln – natürlich nicht bis zur Unendlichkeit, aber schon so, dass es nicht überfordert oder von Zielkonflikten überrumpelt wird.
Wie sagt man so schön: Das Gras wächst nicht schneller, nur, weil man daran zieht. Das gilt auch in der Teamentwicklung!
3. Delegation von Entscheidungen an die Teams
Mir begegnen immer noch Organisationen, in denen alle wichtige Entscheidungen durch Geschäftsführung oder Vorstände getroffen werden. Deshalb lehnen Teammitglieder es ab, Risiken zu übernehmen oder eigene Entscheidungen zu treffen. Stattdessen melden sie offene Entscheidungen bei den verantwortlichen Gremien entsprechend an, bereiten dafür Hochglanzfolien vor und warten anschließend auf das schriftliche Protokoll der Vorstandssitzung.
Ich frage dich: Wie soll ein Team in einer solchen Arbeitsumgebung jemals zum High Performing Team werden und Selbstorganisation leben? Wo doch so gut wie jede Entscheidung von "oben" erfolgen und das Team warten muss?
Gar nicht. Nur, wenn dein Team eine angemessene Entscheidungskompetenz und das notwendige Vertrauen übertragen bekommt, kann es zunehmend Entscheidungen treffen und selbstorganisiert arbeiten. Methoden wie Delegation-Poker können dabei helfen, zusammen mit den Führungskräften den richtigen Umgang mit Entscheidungen zu finden – beispielsweise, indem dein Team entscheidet und anschließend die Führungskräfte darüber informiert. Ansonsten wird es keine Selbstorganisation und somit auch kein Hochleistungsteam geben.
4. Direkter Zugang zu Kunden & Nutzern
Im Verlauf dieses Artikels haben wir uns bereits damit beschäftigt, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen einem High Performance Team und seinen Kunden und Nutzern ist. Schließlich können nur dann Arbeitsergebnisse entstehen, die wirklich wertstiftend sind.
Dennoch verzichten auch heute noch Teams und Organisationen auf eine direkte Zusammenarbeit. Stattdessen schalten sie Rollen wie Business Analysten, Produktmanager oder Projektmanager zwischen Team und Kunden, die ihre Stimme und ihre Ansichten vertreten sollen. Auf diese Art und Weise gehen jedoch viele wertvolle Informationen verloren, die ein Hochleistungsteam dringend benötigt. Deshalb geht für mich kein Weg an einer direkten Zusammenarbeit vorbei.
5. Wirksame teamübergreifende Zusammenarbeit
Wenn mehrere Teams an einem Thema oder Produkt arbeiten, braucht es eine wirksame teamübergreifende Zusammenarbeit. Dazu müssen Abhängigkeiten der Teams untereinander frühzeitig besprochen und kommuniziert werden. Idealerweise findet dabei ein Austausch über inhaltliche Anforderungen und ungefähre mögliche Liefertermine statt, die dem High Performance Team erlauben, seine Arbeit entsprechend vorzubereiten und zu planen
Bei diesem Prozess sollten du und andere Team-Coaches innerhalb deiner Organisation unbedingt unterstützen, indem ihr euren Teams möglichst effiziente Mechanismen und Möglichkeiten zur Abstimmung der teamübergreifenden Zusammenarbeit anbietet und erlebbar macht.
6. Einbindung in wichtige Entscheidungen
Teamarbeit unterliegt einem ständigen Veränderungsprozess. Deshalb ist es gut möglich, dass früher oder später Veränderungen in der Organisation oder im Team notwendig sind. Möglicherweise muss an der Teamstruktur gearbeitet werden, weil es zu viele Abhängigkeiten zu anderen Teams gibt. Vielleicht müssen aber auch tiefergehende strukturelle Veränderungen vorgenommen oder Teammitglieder ausgetauscht werden.
Ganz egal, was der genaue Grund für eine Veränderung ist: Wichtig ist, dass Führungskräfte sowohl dich als Team-Coach als auch deine Teammitglieder an den Veränderungen beteiligen. Die Devise: "Beteiligen" statt "mitnehmen" oder "abholen". Hierdurch kannst du deine Expertise einbringen und bei Veränderungen mithilfe verschiedener Leitfragen beraten:
- Welche Auswirkung hat das auf das Team?
- Was braucht das Team, um zum High Performing Team zu werden?
- Was können Führungskräfte tun?
- Braucht es Schulungen?
Führungskräfte machen den Unterschied
Gar nicht wenig, was es für ein High Performing Team braucht, oder? An all diesen Voraussetzungen wirst du sicherlich schon gemerkt haben: die Führungskräfte sind entscheidend. Es ist ihre Aufgabe, einen guten und sicheren Rahmen vorzugeben, in dem starke Teams entstehen können. Viele Führungskräfte sind sich dessen nicht bewusst oder zumindest handeln sie nicht dementsprechend.
Als Team-Coach ist es deshalb deine Aufgabe Führungskräfte auf ihre Verantwortung hinzuweisen und sie dabei zu begleiten, für die von mir beschriebenen Voraussetzungen zu sorgen. Meistens musst du sie hierfür im ersten Schritt zunächst für aktuelle Probleme oder Dysfunktionalitäten sensibilisieren – beispielsweise, indem du sie auf fehlende Entscheidungskompetenzen oder eine nicht gelebte Vorbildfunktion hinweist und mit ihnen ins Gespräch gehst.
Im letzten Abschnitt dieses Artikels gehen wir davon aus, dass die Voraussetzungen für High Performance Teams erfüllt sind. Deshalb widmen wir uns jetzt der Frage, wie du ein solches Team formen oder entwickeln kannst.
Wie kann ich ein High Performance Team formen oder entwickeln?
Wir haben in diesem Artikel über viele Aspekte in Bezug auf High Performing Teams gesprochen: Darüber, dass ein solches Team mehr ist als nur eine Gruppe von Experten und wie wichtig gute Teamarbeit ist. Wir haben uns mit Merkmalen und Eigenschaften von Hochleistungsteams beschäftigt und uns Gedanken über Voraussetzungen gemacht, die innerhalb deiner Organisation notwendig sind, damit sich dein Team überhaupt zu einem High Performance Team entwickeln kann.
Jetzt kommen wir endlich zur großen Preisfrage: Was kannst du tun, um ein Hochleistungsteam zu formen und zu entwickeln? Spontan würde ich sagen:
- 1. Begleite bei der Umsetzung von Voraussetzungen
- 2. Formuliere den nächsten Entwicklungsschritt
- 3. Entwickle dein Team zielgerichtet weiter
Was bedeutet das im Detail?
1. Begleite bei der Umsetzung von Voraussetzungen
Beschäftige dich zunächst mit den Voraussetzungen, die es in deiner Organisation braucht, um Hochleistungsteams zu entwickeln. Diese findest du weiter oben in diesem Artikel. Nutze sie, um mit Führungskräften und Teammitgliedern darüber zu reflektieren:
- Trifft diese Voraussetzung auf uns zu oder brauchen wir sie nicht? Ist sie bei uns anwendbar?
- Ist diese Voraussetzung in unserer Organisation erfüllt?
- Wenn nicht: Warum nicht? Mit wem müsstet ihr darüber sprechen? Von wem braucht ihr Hilfe?
- Gibt es weitere Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ihr euch zu einem High Performing Team entwickeln könnt?
Diese Reflexion gibt dir viele Punkte, an denen du für deine weitere Teamentwicklung ansetzen kannst. In der Regel erfolgen in diesem Rahmen Gespräche mit anderen Beteiligten (zum Beispiel andere Teams oder Team-Coaches) sowie Führungskräften. In diesen Gesprächen ist es deine Aufgabe, die Führungskräfte für die aktuelle Situation deines Teams zu sensibilisieren: Zeige ihnen Folgen aus der aktuellen Situation und Chancen im Falle einer Veränderung auf. Mache ihnen klar und erlebbar, was dein Team aktuell ausbremst und daran hindert, Höchstleistung zu erbringen.
Indem an den identifizierten Punkten gearbeitet wird, entwickelt ihr eure Organisation sukzessive weiter. Je besser euch das gelingt, desto eher entwickelt ihr ein modernes und gutes Arbeitsumfeld, in dem deine Teammitglieder einen Sinn sehen und Spaß haben, zu arbeiten – einer der Kernpunkte im New Work Konzept.
Tipp: Hole dir Unterstützung. Sei es, durch andere Team-Coaches, Führungskräfte oder externe Berater, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie anstrengend und energieraubend solche Gespräche sein können. Zugegeben: Spaß machen sie eher selten. Aber sie sind leider notwendig und setzen ungeheure Energie bei dir und deinen Teammitgliedern frei, wenn sie erfolgreich gewesen sind.
Vergiss nicht, dabei auch auf dich selbst Acht zu geben. Gelingt es dir und deinen Unterstützern trotz diverser Gespräche nicht, für die notwendigen Voraussetzungen zu sorgen, solltest du deshalb der Wahrheit ins Gesicht sehen: Dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass du in deiner Organisation ein Hochleistungsteam entwickeln kannst, eher gering. Aber das heißt ja nicht, dass man nicht trotzdem Spaß im Team haben und sein Team bis zu einem gewissen Punkt weiterentwickeln kann, oder?
2. Formuliere den nächsten Entwicklungsschritt
Jetzt wo die Voraussetzungen für Hochleistungsteams bearbeitet oder möglicherweise bereits umgesetzt wurden, geht es nun darum, dein Team weiterzuentwickeln.
Überlege dir hierzu – gemeinsam mit dem People Lead, anderen Führungskräften und Team-Coaches – an welchen Verhaltensweisen ihr ein Hochleistungsteam in eurer Organisation erkennen würdet. Was würden die Teammitglieder tun? Was nicht? Wofür würden sie Verantwortung übernehmen? Wofür nicht? Ausgehend von dieser Fragestellung werdet ihr Verhaltensweisen formulieren wie beispielsweise:
- Teammitglieder geben zu, wenn sie etwas nicht verstanden haben
- Teammitglieder kommen pünktlich zum Teammeeting
- Teammitglieder sprechen darüber, wenn sie drohen das Ziel nicht zu erreichen und passen ihre Vorgehensweise daraufhin an
- Teammitglieder integrieren das Feedback ihrer Kunden & Nutzer in ihre tägliche Arbeit
- Teammitglieder sprechen auch über private Themen – auch, wenn es ihnen nicht gut gehen sollte
Hier ist nicht nur jedes Team, sondern auch jede Organisation anders. Sobald du eine Liste von Verhaltensweisen erstellt hast, kannst du diese im nächsten Absatz anwenden.
3. Entwickle dein Team zielgerichtet weiter
Wenn Menschen über Teamentwicklung oder High Performing Teams nachdenken, denken sie häufig direkt an das Modell der Gruppenphasen von Bruce Tuckman und dessen fünf Phasen. Das Problem: Dieses Modell kann dir zwar ein gewisses Verständnis über Teamentwicklung und mögliche nächste Schritte geben – es hilft dir jedoch nicht dabei, dein Team zielgerichtet weiterzuentwickeln.
Dafür gibt es die JTIA-Methode. Unsere JTIA-Methode hilft dir, die Ursachen für das Verhalten deiner Teammitglieder zu verstehen und dein Team zielgerichtet weiterzuentwickeln. Das Schöne: Die JTIA-Methode ist in jedem Team anwendbar, obwohl jedes Team bekanntlich anders ist – ganz egal, ob agil oder klassisch.
Unsere JTIA-Methode besteht aus:
- Einer Teamdefinition
- Zwei Leitfragen
- Dem Modell für nachhaltige Teamentwicklung
- Einem Regelkreis für die praktische Anwendung in vier Arbeitsschritten
Blicken wir auf die Arbeitsschritte des Regelkreises für nachhaltige Teamentwicklung:
- 1. den nächsten Entwicklungsschritt festlegen,
- 2. Entwicklungsfelder bestimmen,
- 3. Maßnahmen planen und umsetzen
- 4. Wirksamkeit reflektieren
Nächsten Entwicklungsschritt festlegen
Im vorigen Absatz hast du dir Gedanken über Verhaltensweisen von Hochleistungsteams in deiner Organisation gemacht. Jetzt reflektierst du – gemeinsam mit deinen Teammitgliedern – darüber, welche der Verhaltensweisen sie im Team bereits beobachten. Welche nicht?
Aus den Verhaltensweisen, die noch nicht erfüllt sind, suchst du eine aus. Das ist der nächste Entwicklungsschritt deines Teams.
Beispiel: Wenn der Entwicklungsschritt erreicht ist, kommen alle Teammitglieder pünktlich zum Teammeeting.
Entwicklungsfelder bestimmen
Nun hilft dir unser Modell für nachhaltige Teamentwicklung mit seinen fünf Entwicklungsfeldern psychologische Sicherheit, Wissen, Erfahrung, Haltung und Werte, die Ursachen für das Verhalten deiner Teammitglieder zu verstehen. Um das Modell anzuwenden, nutzt du folgende Leitfrage: An welchen Entwicklungsfeldern könnte es liegen, dass sich die Teammitglieder bisher anders verhalten?
Mit anderen Worten: Woran liegt es, dass die Teammitglieder bisher nicht pünktlich erscheinen? Liegt es an psychologischer Sicherheit, weil sie sich nicht sicher genug fühlen? Oder an fehlendem Wissen, weil sie den Sinn und Zweck des Teammeetings nicht verstanden haben? Vielleicht liegt es auch an den Werten, weil sie eine Verspätung um 10 Minuten immer noch als pünktlich erachten?
Maßnahmen planen und umsetzen
Die Antworten auf diese Fragen nutzt du jetzt, um Maßnahmen zu planen und umzusetzen, die genau diese Ursachen adressieren. Was kannst du tun, um dein Team in psychologischer Sicherheit und Werten weiterzuentwickeln? Einzelgespräche führen? Werte erarbeiten? Feedback-Übungen durchführen? Hier gilt: Jedes Team ist anders.
Indem du dein Team mithilfe der JTIA-Methode weiterentwickelst, kannst du dabei helfen, dass es sich sukzessive zu einem High Performing Team entwickelt.
Du möchtest mehr über die JTIA-Methode erfahren? Dann lies dir den verlinkten Artikel in Ruhe durch – dort haben wir dir alles Wissenswerte kompakt und übersichtlich zusammengefasst. Du möchtest sie lieber mit uns zusammen ausprobieren? Oder mit uns darüber sprechen, was gute Teamarbeit ausmacht? Kein Problem – melde dich gern für unser Intensivtraining für nachhaltige Teamentwicklung an. Das ist genau der richtige Rahmen, um die Methode in der Praxis zu erleben und all deine Fragen loszuwerden!